Archive for Juli 2009

perform the surgery

Juli 31, 2009

…NICHT! Eine gute Nachricht: die Ärzte wollen nicht mehr operieren. Mir fällt ein Stein vom Herzen- eine zweite OP hätte mich wieder um Wochen zurückgeworfen.

Mir geht es mittlerweile auch wieder etwas besser- ich hab das Gefühl dass ich den Infekt so langsam etwas in den Griff bekomme- trotzdem fühle ich mich noch ziemlich schwach. Aber ich mache kleine Fortschritte, die Schmerzen habe ich so langsam auch im Griff. 

Meine Laune wird langsam wieder etwas besser.

same sick feeling

Juli 29, 2009

Nachdem ich schon die letzten Tage gemerkt habe dass etwas nicht zu 100% stimmt, liege ich jetzt mit Schüttelfrost im Bett. Keine Ahnung was los ist, weshalb mein Körper so Amok läuft. Später wird dann klar dass ich eine Blaseninfektion habe, die sich in ungefähr so auswirkt wie eine heftige Grippe.

Auch einen Tag später fühle ich mich schwach, dennoch finde ich endlich einen Arzt der Zeit hat mir meine CT- MRT- und Röntgenbilder zu zeigen. Zum ersten Mal sehe ich das Gerüst an meiner Wirbelsäule und auch die verletzte Stelle im Rückenmark- alles etwas heftig. Die Ärzte denken darüber nach nochmals zu operieren, und meine Wirbelsäule noch von vorne zu stabilisieren. Für mich eine Horrorvorstellung und das Risiko, auch das letzte Bisschen Gefühl in den Beinen zu verlieren. 

Die letzten 2 Wochen habe ich bisher rückblickend beschrieben. Ab jetzt werde ich versuchen beinahe täglich zu schreiben- mal schauen ob das klappt.

Morpheus

Juli 29, 2009

Schlafen ist nicht ganz einfach, wenn um einen herum ständig etwas piept, pumpt, schnarcht und man dazu auch noch mitten in der Nacht von einer auf die andere Seite gedreht wird (ja, richtig: gedreht wird– auch das geht nicht alleine). Dennoch schlafe ich inzwischen auch ohne Schlafmittel. Nachdem ich kein Morphium mehr bekomme (glaube ich zumindest) haben auch die fiesen Albträume nachgelassen.

Das mit den Beinen ist aber im Unterbewusstsein noch nicht angekommen. In meinen Träumen laufe ich, und das tut weh. 

Schmerzen und Angst stehen morgens aber immer vor Mut und Hoffnung auf.

Clara

Juli 29, 2009

Ich bekomme viel Besuch, aber über keinen freue ich mich so sehr wie über Clara. Wenn Sie mich anlächelt ist für einen Moment alles ok. 

Meine ganze Familie steht momentan so fest zusammen wie ich es nie für möglich gehalten hätte, das ist ein gutes Gefühl.

Sosehr ich mich über Besuch freue, so anstrengend kann er auch sein: jedesmal die Geschichte erzählen, die Diagnose erklären…so zu tun als ob man alles im Griff hätte und das schon wieder werden würde. Wird’s nicht- es wird anders werden, wie genau weiss ich ja selbst noch nicht.

Clara muss ich das jedenfalls nicht erklären, sie will das auch nicht wissen…sie lächelt.

a far cry

Juli 29, 2009

Bereits am sechsten Tag nach der OP werde ich das erste Mal in den Rollstuhl gesetzt, was sich als etwas grössere Aktion herausstellt. Da meine Bauch- und Beinmuskulatur nicht mehr funktioniert, sackt mein Blut (von dem ich sowieso noch zu wenig habe, weil ich während der OP viel davon verloren habe) sofort in die Beine, mein Kreislauf schmiert ab, mir wird schwarz vor Augen. Irgendwann sitze ich dann im Rollstuhl, und fahre sofort los. Anfangs klappt die Koordination noch nicht so hundertprozentig, das wird aber mit jedem Meter besser. Ich rolle auf der Terrasse herum, freue mich über die Aussicht, die Sonne und die frische Luft.

Nach 45min tut mir dann alles weh, ich werde zurück ins Bett verfrachtet. Auf der Station wird mir zu meinem „parforce-Ritt“ so kurz nach der OP gratuliert…und was mach ich? Ich breche zusammen und heule. Weil mir bewusst wird wie verdammt lange und schwer dieser Weg noch sein wird.

home is where your heart is

Juli 28, 2009

Heidelberg. Der Pilot stellt den Hubschrauber kurz etwas an, so dass ich einen Blick aus dem Fenster werfen kann. Wir landen vor der orthopädischen Klinik in HD-Schlierbach. Eigentlich keine 10min von meiner Wohnung entfernt, und doch ewig weit weg.

Nach 45 Flugminuten werde ich weitere 10 min durch die Gänge der Klinik geschoben…zumindest die Decke ist schöner als in Freiburg, mehr kann ich nicht sehen. Ich platze direkt in die laufende Visite und werde sofort untersucht. Es wird ein sog. ASIA-Schema erstellt, bei dem mein Körper in einzelne Quadranten aufgeteilt wird, und für jeden einzelnen die motorische und sensorische Funktion ermittelt wird. Meine Querschnittslähmung ist inkomplett, d.h. die Sensorik in den Beinen (insbesondere im linken) ist noch etwas vorhanden, die Motorik ist gleich null.

Abends erlebe ich dann mein persönliches Schmerz-highlight bisher: die Unterlagen aus Freiburg sind nicht auffindbar, in Heidelberg wurden mir noch keine Schmerzmittel verschrieben. Nach gefühlten Stunden kommt dann endlich ein Fax aus Freiburg, ich bekomme eine Tablette und schlafe ein.

Freiburg

Juli 27, 2009

Nach einer Nacht auf der Intensivstation werde ich auf eine normale Station verlegt. Bei meinem Unfall wurde ein Brustwirbel (Th4) zertrümmert, das Rückenmark wurde dabei verletzt. Zur Stabilisierung wurde mir ein Fixateur in die Wirbelsäule eingesetzt, dieser verbindet den Wirbel über (Th3) und den Wirbel unter (Th5) dem gebrochenen Wirbel und entlastet/ fixiert somit den eigentlichen Bruch. Meine Rückenmarksverletzung/Lähmung ist relativ hoch, ungefähr auf Höhe des unteren Ende des Brustbeines. Ich kann meine Arme und Hände wie gehabt bewegen, mir fehlt aber ein großer Teil der Bauchmuskulatur, das Atmen fällt mir schwer. 

Mittlerweile ist meine gesamte Familie da, meine Freunde sind nach einem SMS-Hilferuf ebenfalls sofort gekommen. Dennoch habe ich Angst. Angst vor Schmerzen, Angst vor Bewegungen, Angst vor der Zukunft. Die Diagnose habe ich mittlerweile verstanden, begriffen habe ich aber noch nichts.

Nachts habe ich üble Albträume, tagsüber Schmerzen. Ich bin völlig unbeweglich und liege 5 Tage beinahe ausschliesslich auf dem Rücken.  Dennoch bin ich dankbar über die gute Pflege und die Betreuung durch den Stationsarzt J.K.

Nach 5 Tagen entscheiden wir, dass meine weitere Reha (ich finde die englische Bezeichnung re-education treffender) in der orthopädischen Klinik Hedelberg-Schlierbach stattfinden wird.

this everchanging life

Juli 27, 2009

Ich komme auf dem Rücken zum Liegen, bin sofort wieder bei mir. Selbstcheck: Atmung-ok..Arme-ok…Beine-nichts- kein Gefühl, keine Bewegung.

Seltsamerweise verfalle ich nicht in Panik. Noch bevor ich um Hilfe rufe wird mir eines bewusst: alles wird sich jetzt ändern. 

S. der nur wenige Meter vor mir war, kommt zurück, bleibt bei mir und beruhigt mich. Nach und nach kommt Hilfe, die Bergung dauert aber ewig. Ich werde nach Freiburg geflogen, und erst als sich mir der Anästhesist vorstellt, wird mir vollends bewusst wie schwerwiegend die Verletzung ist. Ich versuche noch kurz vor der Operation meinen Vater zu erreichen.

Die OP wird 3 1/2 Stunden dauern- ich habe keine Ahnung wann ich wieder zu mir komme, weiss aber zum Glück sofort was passiert ist. Wenig später ist mein Vater bei mir.

Während ich auf die Bergung warte habe ich übrigens ständig einige Zeilen von Rise Against im Kopf- weshalb weiss ich nicht, aber irgendwie passt es. Der Titel heisst übrigens everchanging:

And there amidst the waves and the cloudless skies that blanked the year before/ I watch my life wash ashore…